Sonntag, 15. Dezember 2019

Kur

Kuraufenthalt Im Rahmen der Krebsbehandlung steht den Betroffenen nach Abschluss der Chemotherapie und Bestrahlung steht eine Anschlussheilbehandlung (AHB)  sowie eine Rehabilitationskur zu. Meine AHB sollte in der sächsischen Fachklinik in Kreischa sein, ich hatte jedoch Bedenken zu dem Kurort. Meiner Meinung nach ist die Seeluft zur Erholung speziell der Atemorgane besser geeignet, als ein Ort zwischen dem böhmischen Braunkohlegebiet und Dresden. Eigentlich wollte ich an die Ostsee. Da die Kliniken an der Ostsee zwischenzeitlich die Krebsbehandlung eingestellt haben, wählte ich aufgrund der Bewertungen die Sonneneckklinik in Wyk auf Föhr als meinen Wunschort. Einerseits war es die Klinikgröße, auf der anderen Seite die Lage. So legte ich gegen den Bewilligungsbescheid mehrfach Widerspruch ein. Als Betroffener besitzt man ein Mitspracherecht beim Kurort nach $8 SGB IX. Nach zwei Widersprüchen stimmte dann mein Kostenträger meinem Kurort zu. Er übernahm sogar die kompletten Fahrtkosten. Es lohnt sich also, hier etwas Standfestigkeit zu besitzen. 

Als Kurbeginn war der 03.Dezember vorgesehen. Mit einer Woche Verlängerung wäre dann der Rückreisezeitpunkt der 23. Dezember gewesen. Aus verschiedenen Gründen wie zum Beispiel Wiedervorstellung beim Hausarzt war mir dies etwas spät. Ich habe um Aufnahme in die Warteliste gebeten, damit ich etwas eher anreisen kann. Dies funktionierte glücklicherweise und so war mein Kurtermin vom 21. November bis zum 12. Dezember. 

Damit bereits die Anreise entspannt ist, entschied ich mich für die Anreise mit der Deutschen Bahn inklusive dem Gepäcktransport mit Hermes Versand. Alles klappte wunderbar und termingerecht, ich würde das jederzeit wieder so gestalten.

Ablauf

Die Sonneneckklinik hat zwei Standorte, die etwa 100 Meter auseinander liegen. Ich wohnte in der Waldstraße, da waren neben den Zimmern und Wohnungen nur wenige Therapiemaßnahmen. Ein wesentlicher Vorteil war die Größe meiner Wohnung. Sie hatte etwa 60 m² und bestand aus Wohnraum, mit Balkon, Küche, Bad, extra Schlafstube und Flur. Die Ausstattung war super und mit kostenlosem WLAN, TV usw. zeitgemäß. Die netten Damen vom Service reinigten dreimal wöchentlich alles gründlich. 



Bad Kurklinik
Küche Kurklinik


Wohnung Kurklinik
Wohnraum Kurklinik


Im Haupthaus wurden alle Mahlzeiten eingenommen und ein Großteil der Anwendungen fanden hier statt. Deshalb legte ich den Weg zwischen den zwei Gebäuden mehrmals täglich zurück. Das störte aber kaum. Eigentlich war das nur nach dem Saunabesuch nicht schön. Damit nicht beständig alle benötigten Sachen zwischen den Häusern transportiert werden mussten, gab es im Therapiebereich größere Schließfächer. Darin habe ich beispielsweise die Turnschuhe für die Halle aufbewahrt.

Ausstattung der Kurklinik

Herausragend ist die Umgebung dieser Klinik. Nach ein paar Schritten ist man am Südstrand der Insel Föhr! Man kann (zumindest im Herbst) stundenlang und kilometerweit ungestört am Wasser entlang laufen. Das ist toll und trägt massiv zur Erholung bei. 

Südstrand
Westküste Föhr


Neben den notwendigen medizinischen Behandlungen mit mehreren Fachärzten und einem sehr netten, kompetenten sowie motivierten Pflegeteam gab es die unterschiedlichsten, individuell angepassten Kurangebote. Diese gingen von Krankengymnastik in Einzel- und Gruppentherapie über Muskel- und Konditionsaufbau sowie psychologische Unterstützung, verschieden Badeanwendungen bis zu diversen Kreativtherapien. Eine Beratung zum Wiedereinstieg in das Berufsleben und sozialrechtlichen Themen wurde auch angeboten. 

MTT-Raum (Kraftraum)
Behandlungsraum Einzeltherapie


Sauna
Schwimmbad


Daneben gab es viele Angebote zur Weiterbildung, zu Land und Leuten, Lesungen und Filmvorträge usw. Natürlich gehörte auch Genuss zur Therapie. So wurden mehrfach nachmittags leckere Waffeln gebacken und manches Tortenstück fand ihre dankbaren Abnehmer. Gut und simpel organisiert war die Unterstützung der Patienten zur Selbstorganisation von Spieleabenden, zum Tischtennis, zum Schwimmen und Saunieren. Nicht unerwähnt lassen möchte ich den Carreraclub, zu welchem wir uns Dienstagabend mehrfach spannende Rennen geliefert haben. 

Neben den Angeboten der Kurklinik gib es auf Föhr weitere gut nutzbare Aktivitäten in allen Bereichen. Im Vorfeld der AHB hatte ich bereits mit dem Lauftreff von Wyk Kontakt aufgenommen. So liefen wir an einem Abend zu dritt über die Insel. Bei mir ist es bei dem einem Treffen geblieben. Die Lauftage waren für mich etwas ungünstig, außerdem ging die Runde der Lauffreunde nur kurz am Wasser entlang. So habe ich lieber mir selber Runden zusammengestellt. Ich genoss es, am Südstrand sowie an der Westküste entlangzulaufen.

Anwendungen

Ablauf

Dienstag und Donnerstag sind die regulären Anreisetermine. Das hat vor allen den Vorteil, dass in den Zügen angenehm Platz ist. Nach der Fährankunft im Wyker Hafen wurde ich von einem Taxi abgeholt und in die Klinik gefahren. Nach meiner Ankunft kam ich in die Aufnahmeabteilung. Die Mitarbeiterin  hieß mich willkommen. Anschließend händigte sie mir die benötigten Unterlagen aus und brachte mich zu meiner Wohnung. Bei mir waren die Taschen schon in meiner Wohnung, ein toller Service! So habe ich mich am späten Nachmittag noch eingerichtet, alle meine Sachen ausgepackt und in Ruhe Abendbrot gegessen.

Am Folgetag gab es eine ausführliche Besichtigung des gesamten Hauses, bei welcher alle Einrichtungen, Räume und Informationstafeln in Ruhe erklärt wurden. Ebenfalls am ersten Tag war die medizinische Aufnahme durch einen wirklich kompetenten HNO-Arzt. Neben einer gründlichen Untersuchung der Operationsstellen hat er sich nach allen meinen Problemen, die durch die Operation entstanden sind,  erkundigt. Ich habe viele Informationen bekommen, die mir vorher gefehlt haben. Daraus wurde dann der Therapieplan aufgebaut.

Einmal wöchentlich gab es eine Visite.  Bei dieser wurde Blutdruck, Puls und allgemeines Befinden aufgenommen und man konnte Probleme sowie Wünsche ansprechen. Außerdem gab es eine weitere offene Sprechstunde im Wochenverlauf. Bei beiden Terminen konnte man auf den Therapieplan einwirken und beispielsweise andere Anwendungen anfragen oder unpassende Therapien beenden  Bei akuten Problemen hatten die Ärzte und Schwestern jederzeit ein offenes Ohr.

Hörte ich bis jetzt  durch viele Ärzte, dass ich meine sportlichen Aktivitäten reduzieren sollte, hat mir mein Kurarzt einen Trainingslagerplan verordnet. So hatte ich mehrmals wöchentlich Laufband-, Ergometer- und Kraftraumeinheiten. Dazwischen gab es  immer wieder Gymnastik, Yoga und Entspannungseinheiten. Es war insgesamt eine Mischung aus Anstrengung und Entspannung. Gerne hätte ich mehr Massagen und Krankengymnastik gehabt, leider gab es nicht genügend Kapazitäten dazu. Aber alle Anwendungen waren sehr hilfreich, oft habe ich mich gefilmt, um die Übungen weiter so durchzuführen. 



Alle Therapeuten waren sehr freundlich, strahlten eine positive und kompetente Stimmung aus. Man merkte ihnen ihre langjährige Erfahrung an. Darum wussten sie, was notwendig ist  und machten oft mehr als das notwendige. Bei Schwierigkeiten hatten sie meistens Lösungen parat oder halfen zumindest weiter.

Meine Therapien/Anwendungen waren:
  • Accessoriusgruppe
  • Krankengymnastik
  • diverse Massagen
  • verschiedene Entspannungstechniken/Yoga
  • Laufband- und Ergometereinheiten
  • Kraftraum


Endlich habe ich eine richtige Diagnose für meinen Arm bekommen. Bei dem Entfernen der Lymphknoten wurde der  Accessorius Nerv im Halsbereich beschädigt oder zerstört. Dadurch kommt es zu Bewegungseinschränkungen. Dies ist eine der typischsten Folgeerscheinungen bei Operationen im Halsbereich. Schade, dass dies weder die Ärzte im Strahlenklinik noch der von mir besuchte Orthopäde wusste.... Meine Physiotherapeutin hat aber die Symptome richtig erkannt. Dadurch waren die Übungen bei Ihr richtig und ähnlich denen, die ich bei der AHB bekam. Ich denke, dass es gut wäre, wenn sich die Spezialisten, die den Patienten behandeln, sich mit den Rehaspezialisten kurzschließen.

Organisation

Jeder Hausgast hatte einen internen Briefkasten für die individuellen Informationen der verschiedenen Abteilungen des Hauses. In diesem Briefkasten wurden freitags die Therapiepläne für die kommende Woche abgelegt. So war rechtzeitig bekannt, welche Anwendungen in der Folgewoche wo durch welchen Therapeuten man bekam. Es gab aus verschiedenen Gründen Verschiebungen, Ausfälle oder auch zusätzliche Anwendungen. Diese sind dann durch neue Pläne aktualisiert worden. Ein Großteil der Anwendungen dauerte etwa 25 Minuten. Meistens war der Tagesplan so gestaltet, dass zwischen den Anwendungen genügend Zeit war, um  zur nächsten Therapie zu kommen.

Ernährung

Zum Frühstück gab es neben den verschiedenen Broten und Brötchen eine gute Vollkornecke mit Körnern, Samen, Nüssen, Trockenobst und Haferflocken. Das Buffet beinhaltete neben verschiedenen Marmeladen und Honig auch Wurst und Käse. Weiterhin war eine gute Auswahl an Obst und Gemüse vorhanden. Mittwoch und Sonntag konnte man zusätzlich Rührei wählen. Da ich zum Gewichtsaufbau Zusatzkost bekomme, stand diese früh bereit.

Zum Mittagessen bestand die Möglichkeit, zwischen Vollkost, Schonkost  und einem vegetarischem Menü auszuwählen. Gut war, dass man sich aus allen Menüformen sein eigenes Essen zusammen würfeln konnte. Dienstag wurden für die Gäste, die sich für die Voll und Schonkost entschieden hatten, Fisch gereicht. Dieser wurde unterschiedlich zubereitet. Donnerstag gab es für alle Gäste unterschiedliche vegetarische Gerichte und am  Sonnabend verschiedene Suppen. Sonntags fand von 7 Uhr bis 13 Uhr einen Brunch statt. Ich empfand das Essen als lecker und abwechslungsreich. 

Weniger hat mich das Abendessen begeistert. Ich bin nicht der große Brotesser, daher empfand ich das Abendessen sehr schnell als langweilig und mit immer den gleichen Käsesorten und Salaten überhaupt nicht abwechslungsreich. Aber das ist sicherlich eine Ansichtssache.

Alle Mahlzeiten sind mit einem Ampelsystem gekennzeichnet, sodass man immer weiß, wie wertig die betreffende Mahlzeit ist. Was fehlte, war eine Angabe der Kalorien und/oder der Makronährstoffe. 

Familienangehörige

Es ist nach Voranmeldung möglich, seine Familienangehörigen mitzubringen und auch in der Kurklinik mit Essen zu lassen. Da dies bei mir nicht in Betracht kam, kann ich keine Aussage zu den Kosten treffen.

Wie war es/Fazit

Der Aufenthalt auf der Insel Föhr war ein voller Erfolg für mich und ein guter und großer Schritt zur Wiederherstellung meiner Kraft und Ausdauer. Ich kann den Aufenthalt in der Klinik Sonneneck allen betroffenen nur empfehlen. Ich rate aber, mit der Einstellung hinzufahren, dass es sich um einen Klinikaufenthalt und nicht um einen Hotelbesuch handelt. <>/body